Heute möchten wir mit Ihnen einen kleinen Exkurs in die Anfänge der Pädagogik machen. Wie kam es überhaupt dazu, dass wir Kinder und ihre Bedürfnisse so wahrnehmen, wie wir es heute tun? Wie ist der Gedanke entstanden, dass Kinder anders zu behandeln sind als Erwachsene? Und warum braucht es überhaupt Erziehung? Diese Fragen zu den Ursprüngen der Pädagogik versuchen wir Ihnen heute kurz und übersichtlich zu beantworten.
Erste Gedanken über die Verschiedenheiten von Kindern und Erwachsenen entwickelten sich bereits Mitte des 17. Jahrhunderts. Der Bischof Johann Amos Comenius beschäftigte sich damit, wie Anschauungswerke und Unterricht kindgerechter gestaltet werden könnten und die Selbstständigkeit der Heranwachsenden gefördert werden könnte. Er entwarf eine Enzyklopädie, die mit Bildern und Wörtern arbeitet und es Kindern ermöglichen sollte, wichtige Begriffe im Zusammenhang mit Bildern in ihrer Muttersprache selbstständig zu erlernen und im Nachgang auch die lateinischen Begriffe zu den Bildern und Wörtern zu lernen. Er verfolgte damit als Erster den gedanklichen Ansatz, dass Kinder andere Bedürfnisse haben (im Bezug auf Lernen) als Erwachsene. Auf Comenius Ansätze folgte gegen Ende des 17. Jahrhunderts John Locke, ein Philosoph und Vordenker der Aufklärung, der das Ziel verfolgte, dass Erziehung dazu befähigen sollte, dass Menschen ihren Verstand benutzen. Er forderte eine Aufteilung der Bildungsbereiche in einen schulischen und einen erzieherischen Teil, in dem er zum Beispiel dazu anregte, die „Gentleman – Erziehung“ losgelöst von der schulischen Ausbildung zu betrachten. Locke zeigte zudem in seinem Werk „some toughts concerning education“ (1693) die Notwenigkeit auf, dass Kinder anders als Erwachsene sind und Kinder hierfür nicht bestraft werden dürften. In seinem Hauptwerk stellt Locke außerdem einen revolutionäre These auf: Die Seele wird durch Sinneseindrücke und Erfahrungen geprägt.
Im 18. Jahrhundert beginnt die Aufklärung und die Sicht auf Kinder und den Umgang mit ihnen verändert sich erneut. Jean Jacques Rousseau, der heute als treibende Kraft der Aufklärung gesehen wird, entwickelt in der Mitte des 18. Jahrhunderts sein Menschenbild und prägt damit die Idee von Erziehung neu. Laut Rousseau verdirbt der Mensch in der Gesellschaft durch Reichtum und Macht und wird böse (Entfremdung von der Natur), er kommt aber gut au die Welt. Kinder sind für ihn eigeneständige Individuen, die durch ihre Umwelt in ihrem Guten Entfremdung erfahren. Für Rousseau ist Erziehung ein Mittel, um dem moralischen Verfall entgegenzuwirken und muss von Geburt an stattfinden. Er ist der Überzeugung, dass diese dann „besseren“ Menschen auch einen „besseren“ Staat formen können. An die Theorien von Rousseau schließt sich Ende des 18. Jahrhunderts Johann Bernhard Basedow an. Er gründet die erste Reformschule in Dessau und verfolgt den Ansatz, dass Erziehung nützliche Bürger und glückliche Menschen hervorbringen soll. Erziehung ist ihm zufolge „das brauchbarste und sicherste Werkzeug, (…) den ganzen Staat (…) glücklich zu machen und glücklich zu halten“.
Emanuel Kant ein Philosoph, den wir heute vor allem mit seinem Werk „Kritik an der reinen Vernunft“ verbinden, stellt zu Beginn des 19. Jahrhunderts ebenfalls Theorien über das Zusammenspiel zwischen der Entwicklung des Menschen und seiner Erziehung auf. In einer Vorlesung im Jahr 1803 stellt er die These auf, dass der Mensch nur dann Mensch werden kann, wenn er Erziehung genießt. Ohne Erziehung ist er nichts. Dass Bildung und Erziehung nicht nur für einen Teil der Gesellschaft wichtig sind, dafür setzt sich zur gleichen Zeit Friedrich Eberhard von Rochow ein. Er fordert als Erster eine Volksaufklärung und stellt die Theorie der Notwendigkeit von Volksschulen auf. Auch Johann Heinrich Pestalozzi, den wir heute als den Hauptverantwortlichen der westlichen Denkweise benennen, dass gesellschaftliche Probleme über Erziehung und Schule zu lösen sind, trieb mit seiner Ansicht den Ausbau des Schulwesens zu dieser Zeit voran.
Zu diesem Zeitpunkt sind wir noch nicht bei dem Bild von pädagogischen Arbeiten angelangt, dass die Basis unsere heutige Arbeit darstellt, aber wir haben einen wichtigen Weg hinter uns. Kinder sind eigene Individuen und Bildung und Erziehung nicht nur für die oberen Stände wichtig und richtig. Diese Veränderung war die entscheidende Voraussetzung, damit sich in den nachfolgenden Jahrzehnten weitere pädagogische Ansätze entwickeln konnten. Die Sicht auf Kinder und ihre Bedürfnisse und Entwicklung wurde zu dieser Zeit nochmal ganzheitlich und maßgeblich verändert. Welche Ansätze im frühen 20. Jahrhundert entstanden und bis heute Einfluss haben, stellen wir Ihnen im nachfolgenden Beitrag ausführlicher vor.
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